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taz (19.10. 2020): ‚Auch der Wind spielt mit‘ (Tom Mustroph)

‚Bereits die Räume sind das Kommen wert. Insgesamt 14 Positionen werden in der Alten Münze vorgestellt. Bei den meisten handelt es sich um komplette Neuproduktionen – ein wichtiges Merkmal dieses von Georg Klein ins Leben gerufenen Produzentenfestivals.
Empfangen wird man in den Kellerräumen der früheren Münzprägeanstalt zunächst von ganz tiefen Tönen. Stefanie Egedy hat eine gewaltige Subwoofer-Box aufgestellt, aus der Subbass-Frequenzen zwischen 35 und 63 Hertz dringen. Die tiefen Frequenzen werden nur marginal mit dem Trommelfell aufgenommen. Stattdessen vibriert der ganze Körper, ja die Luft scheint angefüllt mit pulsierender Materie. Es handelt sich um ein Körpererlebnis, dass Egedy als „besser als Sex“ einordnet, und tatsächlich bringen die Vibrationen Körper und Geist ziemlich in Bewegung.‘

 

positionen (216, 1/2021): ‚DYSTOPIE sound art festvial‘ (Hanna Grzeskiewicz)

‚Das Klangkunst-Festival hat in den letzten Tagen vor Beginn des zweiten Lockdowns in Deutschland stattgefunden, um – wie die Organisator*innen Laura Mello und Georg Klein in ihrer Kon­zeptnotiz sagen – »künstlerisch gefasste Pers­pektiven aufzuzeigen, die im Dystopischen das Utopische aufscheinen lassen«. Der kreative Einsatz von Technologie zeigte sich als ein roter Faden durch die Ausstellung, wie in Giuliano Obicis Screen Utopia – ein Raum, in dem alle Bildschir­me in Blockfarben waren, und durch die Verbin­dung mit dem lokalen WLAN-Netzwerk auch auf dem eigenen Handy zu sehen und hören waren. Es fühlte sich an wie ein futu­ristischer Alptraum.

Vivian Caccuri und Gus­tavo von Has Darstellung des brasilianischen Sertanejo war eine faszinierende und hypnotisierend absurde Interpretation dieses Phänomens. Weitere Highlights waren Christian Diaz Orejarenas Fronteras Visibles, ein Musikvideo, das die kulturelle Aneignung zum Soundtrack von Champeta (Musik, die von der kolumbianischen Karibik­küste stammt) thematisiert, sowie Ute Wasser­manns Aus Atem, ein direkter Kommentar zur Gefahr des Singens während der Pandemie, der sie mit dem Singen in Plastiktüten begegnete.‘

 

NZfM (1/2021): ‚Das Jahr der Dystopie‘ (Golo Föllmer)

‚Zwei große Themen des Dystopischen waren so immer mit im Raum: Die Bedrohung des Lebens durch eine unsichtbare, nicht begreifbare Gefahr, und die Bedrohung der Freiheit durch staatliche Eingriffe. (…) Thom Kubli spielte an einem weiteren Perfomance-Abend mit dem wunderbaren Ensemble Adapter akustische Stadtbilder aus Sao Paulo, gefolgt von Chico Mello und Fernanda Farah, die die stereotype Bildwelt von Telenovelas mit der Poesie der brasilianischen Dichter-Ikone André Sant’Anna kongenial paarten. (…)
Mario de Vegas Sound Performance El Intruso spitzte das Grundgefühl des Festivals am letzten Abend noch einmal wirksam zu. In einem Großteil der Ausstellungsräume waren die eigentlichen Arbeiten noch sichtbar, aber: alle abgeschaltet, tot. Stattdessen wurden sie nun durch andere Elemente überlagert. Vor der betörenden Monitorfarbwand von Guiliano Obicis interaktiver Installation Screen Utopia brach de Vegas Figur (eine beängstigende Mathilde Invernon) dann doch still in Fleisch und Blut zusammen; Besucher:innen verschämt außenrum, dann stapften sie mulmig durch die in Auflösung begriffene Ausstellung nach draußen in den November.‘

 

MusikTexte 168 (2/2021, 89–90): ‚Klangkunst-Utopien‘ (Nico Daleman)

‚.. von Caccuri und von Ha mit Übertreibung, Humor und Ironie dargestellt. Anstatt simple Kritik zu üben, spiegelt das Werk eine ausweglose Situation wider, in der „Meme-isierung“ und Spott die einzigen Heilmittel gegen den Irrsinn der Realität sind. Bruno Golas Installation Bruto bezog sich ebenfalls auf die politische Situation in Brasilien. Das Stück versetzte das Publikum in einen Zustand der Angst, ausgelöst durch Suchscheinwerfer, Klänge von Protesten, die aus aufgehängten Handys tönten, Wand-Graffitis und Sirenen.
Breath von Hyunju Oh ist ein in­stallatives Hörspiel, dessen szenographischer Ansatz nicht nur Ton und Video, sondern auch Klangflecken, Barrikaden, Neonlichter, zer­brochene Spiegel und Türen umfasst. Diese Arbeit geht über die Definition von Klangkunst hinaus und lässt das Publikum in eine dystopische Parallelwelt eintauchen, in der Klang nur eine von vielen Schichten ist, aus denen sich unsere Wahrnehmung des Raums zusammensetzt.‘